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Mann, ist das ungerecht!

Chancengleichheit jetzt auch in den Vorständen der Unternehmen. Das soll durch die neue Frauenquote möglich gemacht werden.
14. Dez. 2020
Ein Raum voller Männer. So sieht es in den Vorständen fast aller großer Unternehmen aus. Denn bisher gibt es nur zehn Länder, in denen Frauen mehr als ein Drittel des Vorstands ausmachen. Auch Konzerne wie Nestlé, Danone und Co sind keine Ausnahme.

Läuft man durch den Supermarkt, sind die Regale voll mit Produkten großer Weltkonzerne.  Es wird schnell klar, wie viel Einfluss diese Unternehmen besitzen. Aber wer sitzt in den Vorständen und Führungspositionen? Wir haben die Führungsetagen untersucht und unsere Vermutung wurde bestätigt: Genauso wie in Deutschland gibt immer noch deutlich mehr Männer, als Frauen in den Vorständen.

Um die unterschiedlichen Chancen der Geschlechter darzustellen, gibt es seit 2006 den Global Gender-Gap Report. Jedes Jahr wird in über 150 Länder ein Index berechnet, der die Gleichstellung zwischen Mann und Frau abbilden soll. Dabei werden nicht nur Daten aus der Wirtschaft, sondern auch aus Gesundheit, Politik und Bildung miteinbezogen. Man schaut sich also die Lebenserwartung und die Schulbildung genauso an, wie den Anteil der Frauen in Vorständen von Unternehmen. Der Report von 2020 zeigt, dass die Lücke zu 68,6 Prozent geschlossen ist.  Demnach fehlen  noch über 30 Prozent, um die Ungleichheit aufzuheben. Auf Platz eins liegt mit 87,7 Prozent Island. Deutschland folgt auf Platz zehn im weltweiten Vergleich, hinter Ländern wie Nicaragua, Spanien und Ruanda.

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| Quelle: Lorena Boß

Unser Netzwerk

Für unsere Forschung  haben wir ein Netzwerk der Vorstandsmitglieder*innen der sechs größten Lebensmittelkonzernen erstellt: Nestlé, Danone, Archer-Daniel-Midlands, Mondelez, Unilever und Kraft-Heinz. Bei der Datenerhebung dieser internationalen Unternehmen untersuchten wir insgesamt 121 Vorstandsmitglieder und davon waren nur 32 Mitglieder Frauen (siehe Abb. 1). Damit liegt der Frauenanteil im Top-Management bei 26,5 Prozent.
Doch was zählt als Führungsposition? Es gibt weltweit Unterschiede bei der Zusammensetzung eines Vorstands. Da die ausgewählten Unternehmen international sind, orientieren wir uns an einer typischen amerikanischen Unternehmensstruktur und deren Begriffe, um die Macht eines Akteurs oder einer Akteurin innerhalb des Unternehmens zu definieren (siehe Abb. 2). Führungskräfte auf höchster Ebene haben normalerweise Titel, welche mit „Chief“ beginnen und bilden die sogenannte „C-Suite“. Darunter gehören CEO (Chief Executive Officer) und COO (Chief Commercial Officer). Viele CEOs tragen auch gleichzeitig den Titel des Präsidenten. Wenn es aber einen separaten CEO gibt, dann steht ein Präsident und Chief Operating Officer (COO) oder ein Vice President, z.B. als Executive Vice President, an zweiter Stelle. Darunter stehen Senior Vice President, Associate Vice President oder Assistant Vice President.

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| Quelle: https://github.com/Team-Supermarkt/Vorstandsvorsitzende.git

Um die Vorstandsmitglieder*innen noch konkreter zu untersuchen, haben wir uns nur auf die Frauen bezogen, die im Unternehmen eine höhere Rolle besetzen als reines Vorstandsmitglied. Das bedeutet in der Unternehmenshierarchie, dass sie als Vizepräsident oder höher tätig sind. Aus allen weiblichen Vorstandsmitgliedern waren 29 von 32 in diesen Top-Managementpositionen vertreten (siehe Abb. 3). Ein Blick in die Chefetagen der fünf größten Lebensmittelkonzerne zeigt, weibliche CEOs gibt es nicht (Siehe Abb. 3).

Wie steht es um die Chancengleichheit in Deutschland?
Unser Netzwerk macht erneut deutlich, dass Frauen in Führungspositionen benachteiligt sind. In Deutschland gab es immer wieder Bemühungen eine gesetzliche Geschlechterquote einzuführen, die scheiterten aber immer wieder an mangelnder Übereinstimmigkeit der Parteien. Der Durchbruch gelang 2015 mit dem “Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen”. Der Inhalt dessen verpflichtete börsennotierte sowie voll mitbestimmungspflichtige Unternehmen in ihren Aufsichtsräten einen Frauenanteil von 30 Prozent umzusetzen. Können also Gesetze die Lösung für mehr Chancengleichheit sein?

Im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wurde dieses Jahr eine Studie zu dem 2015 beschlossenen Gesetz durchgeführt. Im Gutachten der Studie heißt es, die fest eingeführte Quote zeige Wirkung und habe zu einer signifikanten Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten beigetragen. Es werden auch konkrete Zahlen im Bericht genannt: “So liegt der Frauenanteil im Jahr 2017 bei knapp 33 Prozent in Quoten Unternehmen und bei knapp 20 Prozent in Unternehmen, die nicht der festen Quote unterliegen.”
Besonders die 30 Dax-gelisteten Unternehmen fallen hierbei positiv auf. Diese haben ihren Frauenanteil in den Aufsichtsräten von 26,8 Prozent im Jahr 2015, auf 35,4 Prozent im letzten Jahr erhöht.

Jetzt sind die Vorstände dran, denn im Gesetz von 2015 wurden diese nicht berücksichtigt. In den letzten fünf Jahren ist der Frauenanteil in den Vorständen um nur 4,1 Prozentpunkte gestiegen, in Aufsichtsräten jedoch um 8,5 Prozentpunkte.

Das soll sich nun aber ändern: Die Frauenquote kommt in die Unternehmensvorstände Deutschlands. Darauf hat sich die Bundesregierung im November geeinigt. Danach soll zumindest in den Vorständen mit mehr als drei Personen garantiert eine Frau dabei sein. Hiermit sollen erstmals verbindliche Vorgaben für mehr Frauen in Vorständen geschaffen werden. Der Entwurf regelt, dass in einem Unternehmen, das mehr als drei Mitglieder im Vorstand hat, künftig mindestens eine Frau sitzen muss.

Dieses neue Gesetz ist ein guter Anfang, denn die Erfahrung und das Ergebnis aus dem Gutachten von 2015 zeigen, dass sich erst etwas ändert, wenn es klare Vorschriften für alle gibt. Sie müssen von der Politik angestoßen werden und das nicht nur in Deutschland. Um tatsächlich Gendergerechtigkeit auch in den Vorständen zu erreichen, müssen Politik und Wirtschaft noch einiges tun.