Laser-OP

Augen auf und durch

Laser-Operationen befreien jährlich hunderttausende Menschen von Brillen und Kontaktlinsen.
25. Febr. 2022
Grünes und rotes Licht blenden mich. Es ist laut, riecht verbrannt. Ich spüre einen starken Druck auf den Augen. „Schon fertig“, höre ich die Ärztin sagen. Als ich wieder aufstehe, sehe ich fast scharf. Sie gibt mir meine Brille zurück, doch die brauche ich ab sofort nicht mehr.

Seit sechs Jahren sehe ich unscharf. Ohne Brille oder Kontaktlinsen sehen zu können, war für mich seit langer Zeit ein Traum. Anfangs war die Fehlsichtigkeit kein großes Problem, denn Kontaktlinsen waren die perfekte Lösung. Der Alltag blieb meist unbeschwert, die Fehlsichtigkeit kaum bemerkbar. Man sieht sozusagen nicht, dass man nicht gut sieht. Übertreibt man es allerdings mit dem Linsentragen, kommt es bei einigen Menschen zu einer Kontaktlinsenunverträglichkeit: Rote Augen, Jucken und Brennen sind die Folge. Da bleibt nur noch eine Lösung: Die Brille. Und die kann auf Dauer ziemlich lästig werden. Schwimmen, Joggen, Ski fahren, ein Sommertag bei 35 Grad am Strand – die Liste von Momenten, in denen eine Brille stört, ist endlos lang. Sie rutscht, die Gläser beschlagen beim Wechsel von warm und kalt und von Regentropfen auf der Brille fange ich gar nicht erst an. Für mich stand fest: Sie muss weg. 

Halb Deutschland sieht schlecht

Rund 41 Millionen Menschen in Deutschland tragen eine Brille. Diese Zahl steigt immer mehr, denn durch die Pandemie verbringen wir mehr Zeit am Bildschirm als je zuvor – eine hohe Belastung für die Augen. Durch das konzentrierte Blicken auf den Bildschirm blinzeln wir weniger, wodurch  die Augen trockener und gereizter werden. Auch die wichtigen Blickwechsel in die Ferne fehlen. Besonders junge Menschen leiden deshalb unter Kurzsichtigkeit. Um die Augen zu entlasten, sollte man Pausen einlegen, in denen man bewusst in die Ferne schaut. Auch absichtliches Blinzeln und das kurzzeitige Schließen der Augen hilft um Trockenheit vorzubeugen.

Allgemein werden bei einer Sehschwäche die Lichtstrahlen im Auge nicht korrekt gebündelt. Man unterscheidet zwischen Kurz- und Weitsichtigkeit: Der Augapfel ist bei einer Kurzsichtigkeit zu lang, bei einer Weitsichtigkeit zu kurz. Da ich kurzsichtig bin, liegt mein Brennpunkt nicht auf der Netzhaut, sondern davor. Alles, was in der Ferne liegt, sehe ich deshalb unscharf. Mit einer Sehhilfe oder einer Augenlaseroperation lässt sich dieser Sehfehler beheben. Da das Brillentragen für mich keine dauerhafte Lösung war, musste ich über eine Laser-OP nicht zweimal nachdenken.  

Voraussetzungen

Für eine Laser-OP sollten allerdings einige Voraussetzungen erfüllt werden: Man muss mindestens 18 Jahre alt sein, da sich der Körper ansonsten noch im Wachstum befindet und deshalb auch die Augen noch nicht vollständig ausgewachsen sind. Die Sehstärke sollte seit mindestens einem Jahr stabil sein, damit die Gefahr einer postoperativen Verschlechterung gering ist. Nicht zuletzt sollte man gesunde Augen haben und sowohl physisch, als auch psychisch in guter Verfassung sein. Leider erfüllte ich noch nicht alle Voraussetzungen: Die Werte meiner Augen wurden bei jedem Augenarztbesuch schlechter und damit wurde auch die Hoffnung auf eine Laser-OP immer kleiner.

Vor ein paar Wochen wagte ich einen neuen Versuch und ließ abklären, ob ich endlich alle Bedingungen erfüllen würde. Tatsächlich bestätigte meine Augenärztin wider Erwartens stabile Werte. Ein erster wichtiger Schritt. Anschließend ließ ich mich in einer Laserklinik beraten und bekam drei Wochen später einen Termin für die OP. Unfassbar, plötzlich war es so greifbar, so nah. Bald würde der langersehnte Wunsch in Erfüllung gehen.  

Vor der OP

Der Tag der OP ist gekommen: Vorfreude mischt sich mit Nervosität. Tief ein- und ausatmen. Das wird schon werden! Die Ärzt*innen machen das schließlich jeden Tag. In der Praxis angekommen, sitzen bereits fünf andere Patient*innen im Wartezimmer. Wir alle werden heute unsere Brille los. Zuerst bekomme ich eine Beruhigungstablette. Außerdem wird noch einmal das Auge vermessen. Anschließend bringt mich eine Arzthelferin in ein Vorzimmer des OP-Raums. Hier bekomme ich Schutzkleidung und zur Beruhigung zwei Antistress-Bälle in die Hände gedrückt. Wie eine Hand, die ich drücken kann, wenn die Angst größer wird. Meine Ärztin, Dr. Gudrun Kemmerling, kommt aus dem OP-Raum: „Es kann losgehen“. 

Heute wird Gudrun Kemmerling eine Femto-Lasik durchführen. In meiner Voruntersuchung wurde diese Methode für mich gewählt. Für eine Laser-OP kommen verschiedene Verfahren in Frage, die je nach Sehstärke und Hornhautdicke variieren. 

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Es gibt unterschiedliche Verfahren, die für eine Laser-Operation in Frage kommen. | Quelle: Genial.ly

Die Femto-Lasik  

Die Femto-Lasik ist eine Alternative zur weit verbreiteten Lasik. Der Unterschied zur Lasik besteht darin, dass keine mechanischen Hilfsmittel, wie ein Skalpell, verwendet werden, sondern ein Laser die obere Hornhautschicht ablöst. Dadurch ist die Methode noch präziser.

Zuerst werden die Augen durch Augentropfen betäubt. Durch einen Lidöffner werden die Augen offengehalten. Mit dem Femtosekundenlaser wird in die oberste Hornhautschicht geschnitten, wodurch ein kleines Plättchen, der sogenannte Flap, entsteht. Dieser Flap kann wie ein Deckel zur Seite geklappt werden. Nun wird mit einem zweiten Laser, dem sogenannten Excimer-Laser, die Hornhaut bearbeitet, bis die Fehlsichtigkeit behoben ist. Zum Schluss wird der Flap wieder zurückgeklappt. Er wirkt wie ein körpereigenes Pflaster und wächst in kürzester Zeit an. Durch die betäubenden Augentropfen ist die Operation beinahe schmerzfrei. Man spürt einen starken Druck auf den Augen, was sehr unangenehm, aber erträglich ist. Augen auf und durch – der Eingriff dauert immerhin nur zehn Minuten pro Auge, das Lasern selbst sogar nur wenige Sekunden.    

Die OP

Ich betrete den OP-Raum, doch ich nehme ihn kaum wahr. Ich sehe ohnehin alles verschwommen und werde zudem immer nervöser. Auf einer Liege werden meine Beine angewinkelt. Mein Kopf liegt in einer Kuhle. Die Erinnerungen an die nächsten zwanzig Minuten sind verschwommen: Grüner Laser, roter Laser, grelles Licht. Tropfen in den Augen. Alles ist verschwommen. Ich rieche einen verbrannten Geruch, nehme ein lautes Geräusch war und spüre einen unheimlich starken Druck auf den Augen. „Noch 30 Sekunden, dann ist das andere Auge dran. Sie machen das prima“, lobt mich die Ärztin. Sie spricht die ganze Zeit mit mir, erklärt was gemacht wird. Das beruhigt mich, doch antworten kann ich trotzdem nicht. Irgendwann fragt sie, ob es mir die Sprache verschlagen hätte. „Nein, nein. Alles gut“, kriege ich gerade so raus. Die Antistress-Bälle habe ich fest in den Händen. Es ist dunkel, dann hell. Dann ist es schon vorbei. Als ich wieder aufstehe, sehe ich das vorher noch verschwommene Gesicht der Arzthelferin klar und deutlich. Die Ärztin gibt mir meine Brille zurück. „Die werden Sie ab sofort nicht mehr brauchen“.    

„Als ich wieder aufstehe, sehe ich das vorher noch verschwommene Gesicht der Arzthelferin klar und deutlich.“

Nach der OP    

Nach der OP geht es in den Ruheraum und zu einer kurzen Nachkontrolle. Danach darf ich gehen. Strahlender Sonnenschein und mein „Fahrdienst“ erwarten mich draußen. Ich bin froh, dass ich abgeholt werde, denn nur wenige Minuten später lässt die Betäubung nach. Es brennt, drückt, schmerzt. Die Augen kann ich kaum öffnen – das Sonnenlicht ist unheimlich grell. Zu Hause angekommen, verkrieche ich mich in meinem Zimmer und ziehe die Rolläden runter. Der Schmerz ist stechend und nur durch Ibuprofen auszuhalten. Die nächsten Stunden verbringe ich mit geschlossenen Augen im Bett.

Am nächsten Morgen sieht die Welt – wortwörtlich – ganz anders aus. Die Augen kann ich problemlos öffnen, ein leichtes Fremdkörpergefühl und Reiben sind die einzigen Symptome, die vom Vortag geblieben sind. Die Sonne ist zwar immer noch sehr grell, aber durch die Sonnenbrille erträglich. Da bewährt sich das Sprichwort „Schlaf mal eine Nacht drüber“. Bei der Nachkontrolle am nächsten Morgen sitzen die fünf Patient*innen, die ich auch am Vortrag gesehen hatte, wieder im Warteraum. Allerdings jede*r ohne Brille. Ein schönes Gefühl.      

Für die Zeit nach der OP gibt es einiges zu beachten. Besonders wichtig ist, dass man den Tropfplan einhält: Antibiotische, befeuchtende und kortisonhaltige Augentropfen schützen die Augen vor einer Infektion und spenden Feuchtigkeit. „So leisten Sie einen wichtigen Beitrag zur schnellen Erholung ihrer Augen“, betont Kemmerling. „Ihre Augen sind wie ein rohes Ei“, erklärt sie. Ich soll deshalb vorsichtig sein und nicht in den Augen reiben, sonst könne der Flap verrutschen. Augenkontakt mit Wasser sollte man vermeiden, auf Schwimmen und schweißtreibende Aktivitäten verzichten. Außerdem sind Saunagänge und Augenmake-up zunächst tabu.   

Risiken und Nebenwirkungen

Augenlaser-OPs gelten als sehr sicher. Das Lasik-Verfahren wird seit 1990 angewandt, weltweit gab es bereits über 35 Millionen Operationen. Der Großteil aller Operationen verläuft ohne Komplikationen, doch trotzdem bestehen, wie bei allen operativen Eingriffen, Risiken. Die meisten Nebenwirkungen sind harmlos, stärkere sind sehr selten. Vor allem in der Zeit direkt nach der OP können die Augen trockener und lichtempfindlicher sein. Dazu kommt es, weil während des Eingriffs Nerven der Hornhaut beschädigt werden. Sie wachsen nach und so  verschwinden die Beschwerden normalerweise nach wenigen Tagen bis Wochen von selbst. Zudem helfen befeuchtende Augentropfen die Trockenheit zu lindern. Stärkere Nebenwirkungen, wie eine Infektion der Augen, das Sehen von Doppelbildern oder eine Wölbung der Hornhaut kommen sehr selten vor: Das Risiko liegt weit unter einem Prozent. 

Außerdem befürchten viele, dass sie kurze Zeit nach der Laser-OP wieder schlecht sehen und erneut eine Brille benötigen. Im Fall einer sogenannten Regression, könnten die Augen nachgelasert werden – das ist allerdings sehr selten. Darüber hinaus beeinflusst eine Lasik den normalen Alterungsprozess des Auges nicht. Oft entsteht im höheren Alter eine Alterssichtigkeit, wodurch man eine Lesebrille benötigen könnte. Das Gerücht, eine Laser-OP könne zu Erblindung führen, ist und bleibt allerdings genau das – ein Gerücht. Die Wahrscheinlichkeit, durch das Augenlasern zu erblinden, ist extrem gering. „Das habe ich in 25 Jahren nicht einmal erlebt“, betont Kemmerling. Auch Bedenken, dass man während der OP versehentlich die Augen schließt und der Laser etwas „beschädigen“ könnte, sind unbegründet. Moderne Eyetracker-Systeme überwachen die Augenbewegungen und schalten den Laser ab, wenn man sein Auge bewegen sollte. Außerdem hält eine Augenklammer die Augen auf – man kann sie deshalb nicht schließen.  

Nicht zuletzt spielen auch die Kosten eine wesentliche Rolle, denn eine Laser-OP kostet, je nach Verfahren, mehrere tausend Euro. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen nur selten die Kosten. Private Krankenkassen zahlen gelegentlich einen Teil des Betrags, in seltenen Fällen sogar die gesamte Operation. Auf den ersten Blick ist eine Laser-OP zwar sehr teuer, doch auch Kontaktlinsen und Brillen können jährlich mehrere hundert Euro kosten. Hat man durch eine Laser-OP für mehrere Jahrzehnte seine Ruhe, ist es meist sogar günstiger, als in andere Sehhilfen zu investieren. Die Kosten sollten deshalb abgewogen werden.      

Zwei Wochen später

Die Sonnenstrahlen lassen den Schnee glitzern. Der Himmel ist wolkenlos, die Berge am Horizont kann ich klar erkennen. Meine Laser-OP ist nun zwei Wochen her und ich bin mehr als glücklich. Endlich ohne Brille und mit den eigenen Augen sehen zu können, ist ein unbeschreibliches Gefühl, das man wohl nur richtig verstehen kann, wenn man selbst unter einer Fehlsichtigkeit leidet. Eine Frau steht neben mir in der Schlange des Skilifts – mit beschlagenen Brillengläsern. Fluchend rückt sie Maske und Brille zurecht und steigt in die Gondel. Das kommt mir bekannt vor. Beim Aussteigen aus der Gondel setze ich meine Skibrille wieder auf. Schön, dass das die einzige Brille ist, die ich in Zukunft brauchen werde.