Wo die Hilfe vom Staat versagt, fängt Anna erst an!
Mit 27 Jahren ist sie schwanger geworden, obwohl Ärzte ihr gesagt haben, sie könne keine Kinder bekommen. Ihre Tochter kam kaum überlebensfähig drei Monate zu früh, mit nur 470 Gramm, auf die Welt. Eine harte Zeit für eine junge Mutter. Aber schwere Zeiten übersteht man, wenn einem Freunde und Familie den Rücken stärken. Doch was passiert, wenn plötzlich keiner mehr Zeit hat und die eigene Familie einen im Stich lässt?
Anna hat Hilfe bei verschiedenen Ämtern gesucht, beispielsweise beim Jugendamt und beim Gesundheitsamt. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation fiel es ihr manchmal schwer, sich um ihr Kind zu kümmern. Doch die Ämter haben Anna nicht geholfen, weil sie keinen Pflegegrad hatte. Nicht einmal karitative Einrichtungen haben sie unterstützt. Denn diese helfen nur, wenn eine Kostenzusage von der Krankenkasse vorliegt.
Aber die junge Mutter hat nicht aufgegeben. Aufgrund der MS-Erkrankung musste sie starke Medikamente nehmen, die ihr nicht guttaten. Irgendwann beschloss sie, die Medikamente abzusetzen. Sie wollte die Zeit, die ihr noch bleiben würde, einfach so annehmen und jeden Tag bewusst leben. Wie sich nach kurzer Zeit zeigte, ging es ihr ohne Medikamente sogar besser als mit. Sie konnte wieder anfangen zu arbeiten und an „der normalen Gesellschaft“ teilnehmen. Es gibt natürlich immer noch Tage, an denen es ihr nicht gut geht. Die Krankheit bestimmte aber nicht mehr ihren Alltag.
„Hilf du mir, dann helf ich dir!“
Dankbar für diese Wende in ihrem Leben wollte sie etwas zurückgeben. Und so entstand die Idee der Facebook-Gruppe „Hilf du mir, dann helf ich dir“. Das Prinzip dahinter ist einfach: Es ist ein Geben und ein Nehmen. Unter den heute rund 20.000 Mitgliedern sind Menschen unterschiedlicher Nationalitäten und Berufsstände vertreten. Jeder ist willkommen. Es geht um praktische und unbürokratische Hilfe. Hilfe für Menschen, die von Freunden, der eigenen Familie oder dem Staat im Stich gelassen werden. Jeder darf um Hilfe fragen – zum Beispiel, wenn man Unterstützung beim Umzug oder Babysitten braucht. Es ist egal, worum man bittet, man sollte aber zu einer Gegenleistung bereit sein. Dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
Manchmal finden auch Gruppentreffen statt, damit es zum persönlichen Austausch kommen kann. Für Anna ist die Gruppe schon zu einer Art Ersatzfamilie geworden. Viele Mitglieder haben selbst mit harten Schicksalsschlägen zu kämpfen. Beispielsweise wurde einer alleinerziehenden Mutter mit einer Krebserkrankung geholfen. Sie hatte keine Kraft, für ihre Kinder und sich einzukaufen und die Wohnung sauberzumachen. Ein paar Gruppenmitglieder kamen, ohne ihre Situation zu verurteilen und haben ihr geholfen. Ohne diese Unterstützung hätte das Jugendamt ihr die Kinder weggenommen. Heute ist die junge Mutter selbst bei vielen Aktionen dabei und bringt sich mit ein.
Ihre Vision
Mit ihrer Geschichte geht Anna nicht an die Öffentlichkeit, um gelobt zu werden. Vielmehr erhofft sie sich, dass Andere sie zum Vorbild nehmen uns selbst helfen. Ihr größter Traum wäre es, Sponsoren zu finden und einen Verein zu gründen. Dadurch könnte besser und effektiver geholfen werden: Zum Beispiel in Form eines „Helferhauses“. Es wäre eine Anlaufstation für Menschen, die verzweifelt sind. Ein Zufluchtsort, der 24 Stunden offen ist, ohne Sprechzeiten oder Anträge. Es gäbe eine Speisekammer mit Lebensmittelspenden, Notbetten und eine Kleiderkammer.