„Organetik in Deutschland ist reines Wellness und keine anerkannte Heilmethode, weil es nicht wissenschaftlich nachgewiesen ist.“
Heilung durchs Kabel
Alternative Heilmethoden sind Trend. Wer zum ersten Mal von Organetik hört, denkt vielleicht an Organe und Ethik. Doch damit hat es nichts zu tun. Die Organetik wurde in den 1980er Jahren in Deutschland von Rudolf Herde erfunden. Der ursprüngliche Zimmerermeister beschäftige sich viel mit der Frage, wie Energien in unseren Körpern und der Umwelt miteinander agieren. Er wird heute von den Organetikern als Pionier ihrer Methoden gesehen, denn er erfand den Organo: eine mit Quarzen und Metallen gefüllte Röhre, die angeblich energetische Informationen speichern kann.
In der Organetik dreht sich alles um Energie und die Arbeit zwischen dem Bewusstsein und Unterbewusstsein. Dabei ist es egal, ob Mensch oder Tier behandelt wird. Mithilfe von verschiedenen Utensilien, wie der Organoröhre, teils auch „Wünschelrute“ oder Tensor genannt, dem Organo, einem Kabel und einer Kontaktplatte. Es gehe einzig darum, die Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Die Organetiker sehen sich selbst nicht als Wunderheiler, sondern wollen die natürlichen Heilungsprozesse des Patienten beschleunigen.
Wie funktioniert eine organetische Behandlung?
Während der Therapie berührt der Patient, egal ob Mensch oder Tier, die metallene Kontaktplatte. Mit dem Tensor in der Hand sucht der Behandler mit Hilfe der Organoröhre die Frequenz der Energien seines Patienten. Der Organetiker versucht, mit dem Unterbewusstsein zu sprechen und kann diesem nur Ja- oder Nein-Fragen stellen. Die Antworten, die das Unterbewusstsein in Form von Energien aussendet, werden vom Tensor empfangen. Dieser gibt die Aussagen in einem Ausschlag nach oben – für ja – oder rechts und links – für nein – wieder.
Um das Problem zu lokalisieren, werden dem Unterbewusstsein Fragen um den Körper und mögliche Blockaden gestellt. Anschließend sollen die negativen Schwingungen an diesen Körperstellen harmonisiert werden und der Patient soll sich besser fühlen oder sogar geheilt sein. Am Ende der Sitzung soll das Unterbewusstsein angeben, ob weitere Behandlungen notwendig seien.
Warum beschäftigt man sich mit der Organetik?
Die meisten erfahren durch Bekannte von dem Thema – so auch Stefan. Seine Frau ist mit ständigen Kopfschmerzen und nachdem nichts anderes geholfen hat, zu einem Organetiker gegangen. Nach einigen Behandlungen waren ihre Kopfschmerzen verschwunden. „Ich bin beim zweiten Mal zusammen mit meiner Frau zum Organetiker gegangen und habe danach gesagt, dass es doch ein bisschen seltsam ist. Wenn man dran glaubt mag das ja helfen, aber eigentlich ist das alles Humbug.“, erzählt Stefan.
Doch nach den Erfolgen bei seiner Frau ist auch Stefan irgendwann mit Schmerzen im Arm beim Organetiker gelandet. Für viele Menschen sei dies der letzte Versuch, wenn die Schulmedizin bereits versagt, erzählt der Behandler. Auch er war, seinen Angaben zufolge, nach zwei Sitzungen schmerzfrei. Von da an begann Stefan, sich mit der Organetik zu beschäftigen, um seine Familie, aber auch sich selbst behandeln zu können. Denn jeder kann die Praktiken der Organetik erlernen, in Workshops der Firma Organo SL.
Wie viele andere dachte auch Stefan an Wunderheiler, als er das erste Mal von der Organetik hörte. Weltweit gibt es nur die Firma Organo SL GmbH aus Tittlingen, Bayern, welche die Produkte verkauft und Seminare anbietet. Konkurrenz gibt es keine, wissenschaftliche Belege über Erfolge ebenfalls nicht. Neben den bisher erwähnten Utensilien für die Behandlung bietet die Firma weitere Produkte an. Darunter zum Beispiel eine OrganoCreme, OrganoStrom oder auch OrganoWasser. Alle zu stolzen Preisen, wie der erwähnte Tensor für 119 Euro.
Bei tiefergehender Recherche findet man weitere Unklarheiten. Es wird signalisiert, dass die Organetik auf der Theorie der Quantenphysik beruhe, Nachweise werden keine angebracht. Informationen zur Technik der Geräte sind rar.
Pro Sitzung liegen die Kosten je nach Organetiker zwischen 45 Euro und 75 Euro. Organo SL weist aber darauf hin, dass die Organetik keinen Besuch beim Arzt ersetzen kann. Es ist nicht wissenschaftlich erforscht oder durch Studien belegbar. Auf Nachfrage konnte ebenfalls kein Allgemeinmediziner eine Meinung zu der Praktik abgeben, da diese im professionellen Umfeld noch sehr unbekannt ist.
Ausprobieren oder nicht?
Trotzdem ist Stefan überzeugt, dass vielen Menschen Schmerzen erspart wurden. Ich selbst hatte vor einigen Jahren, ebenfalls auf Empfehlung einer Bekannten, nach einer Knie-Operation zwei Behandlungen bei Stefan.
Wie ich mich danach gefühlt habe? Nicht wie ein neuer Mensch, aber vielleicht etwas befreiter. Allerdings habe ich die Therapie aufgrund von Zeitmangel nicht zu Ende machen können. Würde ich es wieder ausprobieren? Auch wenn gerade ein allgemeiner Trend zu alternativen Heilmethoden aufkommt, geht es mir wie vielen: Wenn nichts mehr hilft, würde ich es ausprobieren, ansonsten vertraue ich weiterhin der traditionellen Medizin. Ob die Organetik irgendwann wissenschaftlich anerkannt wird, bleibt abzuwarten. Eine Allheilmethode wird es sicherlich nicht, denn das gibt auch Stefan zu: „Man kann nicht ohne Schulmedizin.“