Europa rückt zusammen
Du lebst nun schon seit drei Jahren in Deutschland. Bist du mittlerweile mehr Deutsche als Griechin?
Ich bin Griechin. Die Erfahrung der Migration war aber sehr prägend für mich. Dass ich in Deutschland lebe, ist ein wichtiger Teil von mir. In Griechenland wird man immer meinen deutschen Einfluss spüren, aber in Deutschland werde ich auch immer eine Griechin sein – und das ist gut so.
Du organisierst am Schauspiel Gastspiele und baust ein internationales Netzwerk an Partnern auf. Hilft dir dein europäischer Migrationshintergrund bei deinem Job?
Auf jeden Fall. Interkulturelle Kompetenzen sind sehr wichtig für meine Arbeit im Theater, da ich mit unterschiedlichen Kooperationspartnern umgehen muss. Meistens kommuniziert man dann auf Englisch. Aber gerade für das Festival haben meine Mitarbeiterin Alina, die in Moskau geboren ist, und ich die Möglichkeit, mit den Partnern in unseren Muttersprachen zu kommunizieren. Besonders freut mich, dass das Theater in Europa in den letzten Jahren immer mehr zusammengewachsen ist.
Was meinst du damit?
In den letzten Jahren konnte man einen Prozess beobachten. Durch die Digitalisierung stehen den Schauspielhäusern neue Kanäle zur Verfügung, um Partnerschaften zu knüpfen und aufrechtzuerhalten. Durch Festivals und Kooperationen wurde der Kontakt der Kultureinrichtungen in Europa immer intensiver.
Woran könnte das liegen?
Theatermacher sind offen und neugierig. Sie wollen sehen, was die Kollegen machen und wie sie arbeiten. Ich habe in den letzten Jahren schon einige Male erlebt, dass sich ein Regisseur durch den Kontakt zu einem internationalen Partner in seiner Arbeitsweise beeinflussen ließ.
Wie bist du denn überhaupt nach Deutschland und ans Schauspiel Stuttgart gekommen?
Den Großteil meines Lebens habe ich in Griechenland verbracht. Ich bin in Athen aufgewachsen, habe dort studiert und gearbeitet. 2012 zog ich dann nach Österreich, weil mein Mann aufgrund der Finanzkrise im Ausland Arbeit suchen musste – ich habe ihn dann begleitet. 2015 zog ich dann nach Deutschland – diesmal aus beruflichen Gründen. Ich habe dann beim Schauspiel Stuttgart meinen jetzigen Job angenommen.
Wie war für dich deine Anfangszeit in Österreich?
Als ich nach Österreich kam, konnte ich kaum Deutsch und kannte niemanden. Im Theater habe ich dann die neue Sprache gelernt, gearbeitet und Freundschaften geschlossen. Das Theater war mein Zuhause.
Doch dann musstest du das Theater dort, dein neugewonnenes Zuhause, verlassen: wieder ein neues Land, wieder kanntest du niemanden. Wie verlief dein Start im Schauspiel Stuttgart?
Ich wurde mit offenen Armen empfangen. Ich denke, dass Kultureinrichtungen sehr gut darin sind, Fremde aufzunehmen. Die Menschen hier sind sehr rücksichtsvoll. Sie helfen mir, mein Deutsch zu verbessern, indem sie meine Fehler korrigieren. Sie sprechen aber auch mal Englisch mit mir, wenn ich müde werde.
Du bist an deinem Arbeitsplatz momentan vor allem für das Festival „The Future of Europe“ zuständig. Was ist der Gedanke des Festivals?
Beim Festival geht es darum, über das Thema Europa nachzudenken und internationale Kunst zu erleben. Interkulturalität und Internationalität können durch den künstlerischen Prozess optimal dargestellt werden. Denn das Theater kann und soll für Integration und einen interkulturellen Austausch sorgen.
Worauf freust du dich dort am meisten?
Ein Highlight sind für mich die griechischen Aufführungen. Ich habe nicht oft die Gelegenheit, hier in Deutschland ein Theaterstück auf Griechisch erleben zu dürfen.