Unterdrückung 3 Minuten

Die Welt dreht sich rückwärts- Frauenrechte im Würgegriff

Dunkelhaarige Frau steht mit zugeklebtem Mund auf der Straße.
In Afghanistan verbieten die Taliban, Frauen außerhalb des Hauses zu sprechen. Symbolbild. | Quelle: Liv Wohlfahrt
04. Jan. 2025

Es ist, als hätte jemand die Uhr zurückgedreht. Weltweit geraten Frauenrechte in Gefahr. Die Vorgänge in Afghanistan aber auch den USA stehen für eine verstörende Entwicklung, die wütend macht. Ein Kommentar.

Afghanistan, August 2024 – Frauen ist es von jetzt an verboten außerhalb ihres Hauses zu sprechen. Die Hälfte der Bevölkerung ist schlagartig mundtot gemacht. Denn ihre Stimme wird laut den „Tugendgesetzen“ der Taliban als „aurat“ bezeichnet, also als intime Stelle, die bedeckt werden muss. Die Taliban nehmen ihnen somit gezielt den Austausch mit anderen Frauen, anderen Menschen. Dieses Gesetz ist nur ein weiteres in einer langen Kette, die die Taliban seit der Machtübernahme 2021 in Kraft gesetzt haben. Sie schränken die Grundrechte von Frauen und Mädchen massiv ein, trotz der anfänglichen Versprechen sie zu bewahren. 

Die unsichtbaren Frauen in Afghanistan

Die Tugendgesetze verwehren Frauen den Zugang zu Bildung, Arbeitsplätzen und dem öffentlichen Leben. Sie dürfen weder Schulen besuchen noch arbeiten, nicht einmal allein reisen. Wenn sie das Haus verlassen, dann nur in Begleitung eines Mannes und vollverschleiert. Selbst für einen Arztbesuch müssen die Frauen ihre Männer um Erlaubnis fragen. Also alles andere als ein autonomes, selbstbestimmtes Leben. Sie haben keine Chance mehr sich zu organisieren, Informationen zu teilen und vor allem keine Möglichkeit gegen die Unterdrückung zu protestieren. Denn wer demonstriert kommt ins Gefängnis, wird gefoltert, misshandelt oder verschwindet. Unter den Taliban existieren Frauen ausschließlich innerhalb ihrer vier Wände, für die Außenwelt sind sie unsichtbar. Isoliert im eigenen Land und im eigenen Körper. Allein in einem Land, das ihre Freiheiten Stück für Stück zerstört. 

USA: Das Kind meines Vergewaltigers

Doch nicht nur in autoritären Regimes bröckeln Frauenrechte. In den USA – ein Land, das sich gerne als Leuchtturm der Freiheit sieht – schränken viele Bundesstaaten das Recht auf Abtreibung dramatisch ein.  Die Entscheidung des Supreme Court das Grundsatzurteil „Roe v. Wade“  aufzuheben, hat einen Dominoeffekt ausgelöst. Frauen dürfen nicht mehr selbst entscheiden, was mit ihrem eigenen Körper geschieht. Was Jahrzehnte lang als Grundrecht galt, wird plötzlich verhandelt, als ginge es um eine bloße politische Meinung.

„Roe v. Wade“ war ein Urteil des Obersten Gerichtshofs der USA aus dem Jahr 1973, das das Recht auf Abtreibung schützte. Frauen konnten sich bis zur 24. Schwangerschaftswoche für eine Abtreibung entscheiden. 2022 hob der Oberste Gerichtshof das Urteil auf. Seitdem entscheidet jeder Bundesstaat selbst, welche Regelungen für Abtreibungen gelten.

In Texas sind die Gesetze besonders konservativ: Frauen werden gezwungen, Schwangerschaften sogar nach einer Vergewaltigung auszutragen. Befürworter nennen das „Pro Life“. Doch man bekommt das Gefühl, dass es dabei längst nicht mehr um den Schutz des Lebens geht, sondern allein um die Kontrolle über den weiblichen Körper. Die Gesundheit, das Wohl und die Freiheit der Betroffenen werden einfach ignoriert. Dass dies in einem Land geschieht, das sich für individuelle Freiheiten feiert, ist einfach heuchlerisch.
In den US-Bundesstaaten, in denen Abtreibungen nun verboten sind, wurden seit der Urteilsaufhebung bis Anfang 2024 schätzungsweise rund 65.000 Frauen als Folge einer Vergewaltigung schwanger. Und all diese Frauen sind gezwungen das Kind auszutragen. 
 

Eine globale Krise der Frauenrechte

Die Beispiele Afghanistan und USA mögen sehr unterschiedlich erscheinen, aber sie spiegeln die weltweiten Entwicklungen wider. Autoritäre und religiöse Kräfte gewinnen an Einfluss und rücken konservative Geschlechterrollen wieder in den Vordergrund. Es ist ein Angriff auf die Errungenschaften des 20. Jahrhunderts. Die Botschaft ist klar: Die Freiheitsrechte von Frauen werden eingeschränkt, um sie gezielt klein zu halten.  

Zeit für Widerstand

Es reicht nicht, diesen Rückschritt nur zu beklagen. Die Stimmen der Frauen in Afghanistan, in den USA und überall auf der Welt dürfen nicht verstummen – und wir dürfen nicht aufhören, ihnen zuzuhören. Einer Welt, die sich rückwärts entwickelt, müssen wir uns entschieden entgegenstellen. Unsere Verantwortung ist es, für die Rechte der Frauen einzustehen– hier und weltweit. Mit der anstehenden Wahl in Deutschland entscheidet sich, ob auch wir die Zeit zurückdrehen wollen. 

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