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Das Business hinter den Influencer*innen

Influencer und Agentur
Wie Influencer-Agenturen Kreativität in Einnahmen umwandeln. | Quelle: Jennifer Chisom Edeh
12. Dez. 2024

Influencer Marketing boomt – doch was passiert hinter den Kulissen? Wie Agenturen die Karriere von Influencer*innen auf das nächste Level heben und dabei neue Verdienstmöglichkeiten eröffnen.

In einer Welt, in der jeder Klick zählt und jedes Like eine potenzielle Kaufentscheidung beeinflusst, haben Influencer-Agenturen einen zentralen Bestandteil in der digitalen Werbewelt eingenommen. Was als authentische Empfehlung von Content Creator*innen begann, etablierte sich durch den Aufschwung der sozialen Medien zu einer festen Industrie. Schon in den frühen Tagen des Fernsehens und der Printmedien setzten Großunternehmen auf Werbung mit Prominenten, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu gewinnen. Der Online-Shop About You hat die Moderatorin und Model Lena Gercke erfolgreich in zahlreichen Werbekampagnen eingesetzt. Heute bieten Influencer*innen – digitale Meinungsmacher mit einer Reichweite – Marken die Möglichkeit, gezielte Kampagnen für spezifische Zielgruppen umzusetzen.

Agenturen als Game Changer

Influencer-Agenturen sind spezialisierte Unternehmen, welche die Vermittlung zwischen Brands und Influencer*innen übernehmen und erfolgreiche Kooperationen ermöglichen. Ein konkretes Beispiel ist die Zusammenarbeit von Pulse Advertising, eine internationale Agentur für Influencer Marketing, mit der Influencerin Tube Girl (echter Name: Sabrina Bahsoon) und MAC Cosmetics.

Zu den Aufgabenfeldern der Unternehmen, zählt die Auswahl passender Influencer*innen für Marken, ebenso wie die Durchführung von Vertragsverhandlungen und die Organisation sowie Steuerung ganzer Kampagnen. Unternehmen wie Lookfamed, eine Agentur, die auf Influencer-Marketing spezialisiert ist, möchten Influencer*innen dabei unterstützen, ihre Karriere zu professionalisieren und ihre Markenidentität zu entwickeln. Dies umfasst sowohl strategische Beratung als auch gezielte Maßnahmen, um ihre Reichweite und Marktpräsenz nachhaltig zu steigern.

Influencer-Marketing begann mit einem einfachen Modell: Influencer*innen arbeiteten direkt mit Marken zusammen. Diese Unternehmen nutzen die wachsende Reichweite und die starke Bindung der Influencer*innen zu ihren Zielgruppen, um Markenbotschaften wirkungsvoll zu vermitteln und somit neue Kunden zu gewinnen. Zu den klassischen Einkommensquellen gehören vor allem zwei Hauptformen: Zum einen die gesponserten Posts, bei denen Influencer*innen von Marken bezahlt werden, um bestimmte Produkte und Dienstleistungen in ihren Beiträgen zu präsentieren. Zum anderen entwickelte sich Affiliate-Marketing zu einer wichtigen Einnahmequelle. Hierbei erhalten Influencer*innen Provisionen für jeden Verkauf, der über ihre individuellen Werbepartner-Links zustande kommt. Diese frühen Monetarisierungsstrategien bildeten das Fundament für die weitere Entwicklung des Influencer-Marketings.

Erfolg mit Strategie und Netzwerk

Durch den Aufstieg spezialisierter Influencer-Agenturen wurden die Einnahmemöglichkeiten für Influencer*innen verändert und erweitert. Pia Dzimalle, Senior Marketing Manager von Lookfamed, erklärt, dass Agenturen neben den traditionellen Einkommensquellen neue Verdienstmöglichkeiten für Influencer*innen geschaffen hätten. Besonders die langfristigen Kooperationen könnten den Influencer*innen ein festes Einkommen und Planungssicherheit bieten. Zusätzlich unterstützen Agenturen bei der Entwicklung eigener Produkte, wie etwa Merchandise, die nicht nur zusätzliche Einnahmen herbeiführen, sondern auch das persönliche Branding der Influencer*innen stärken. Ein weiterer Aspekt ist die Diversifizierung der Plattformen. Indem Influencer*innen ihren Content auf mehreren Kanälen wie beispielsweise Instagram, TikTok, YouTube und über Podcasts verbreiten, erzielen sie eine größere Reichweite und zusätzliche Einnahmen durch Werbung, Abonnements und Sponsoring.

Auf dieser Grundlage betont sie weiter, dass Influencer-Agenturen Influencer*innen durch ihre Expertise und ihr großes Netzwerk Zugang zu Marken verschaffen würden, welche sie ohne deren Unterstützung schwer erreichen könnten. „Ein Creator profitiert von einem guten Management, weil es mehr Möglichkeiten sichert und Kapazitäten für die Content-Erstellung schafft, ohne sich um organisatorische Dinge kümmern zu müssen.” Solche Kooperationen verschaffen den Content Creator*innen nicht nur Reichweite, sondern auch die Chance, höhere Einnahmen zu erzielen. Zugleich entlasten Agenturen Influencer*innen von zeitaufwendigen organisatorischen Aufgaben, beispielsweise der Bearbeitung und Verwaltung von E-Mails. Dadurch können sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren: die Content-Erstellung.

„Ein Creator profitiert von einem guten Management, weil es mehr Möglichkeiten sichert.“

Pia Dzimalle, Senior Marketing Manager

Die Zusammenarbeit mit einer Agentur bietet zwar viele Vorteile, bringt jedoch auch Herausforderungen. Dabei stellt der Kontrollverlust eine der größten Probleme dar, da die Influencer*innen im Rahmen von Kooperationen nicht mehr ausschließlich selbst über ihren Content entscheiden können. Dies bestätigt auch Sarah Bocklage, die Leiterin des Influencer Marketings bei Pulse Advertising und für die Entwicklung und Umsetzung von Influencer-Strategien verantwortlich ist. Sie erläutert: “Was im Vertrag vereinbart wurde, muss so umgesetzt werden. Jeder Influencer weiß vor Vertragsunterschrift, worauf er sich einlässt.” Dieser Ansatz mag zwar für Klarheit sorgen, kann aber die kreative Freiheit einschränken. Neben den inhaltlichen Themen sind auch die finanziellen Auswirkungen ein relevanter Faktor. Für ihre Dienstleistungen verlangen Agenturen Provisionen, die je nach Agentur variieren, aber üblicherweise 20 Prozent der Einnahmen betragen.

„Was im Vertrag steht, muss umgesetzt werden. Influencer wissen vorab genau, worauf sie sich einlassen.“

Sarah Bocklage, Leiterin im Influencer Marketing

Zukunft des Influencer-Marketings

Pascal Hof, Geschäftsführer der Agentur Schillerhof, die auf Content- und Influencer-Marketing spezialisiert ist und Marken bei kreativen Kampagnen unterstützt, prognostiziert, dass Agenturen in den kommenden Jahren weiterhin eine bedeutende und möglicherweise sogar noch wichtigere Rolle im Influencer-Marketing spielen werden, da der persönliche Austausch unverzichtbar ist. Plattformen wie InfluencerDB, ein Tool zur Auswahl und Analyse von Influencer*innen, oder Reachbird, eine Software zur Automatisierung von Influencer-Kampagnen, hätten versucht, Influencer*innen und Marken digital zu vernetzen. Sie seien jedoch nicht erfolgreich gewesen, da Influencer*innen individuelle Menschen seien, die sich nicht in eine Datenbank einspeisen ließen. Allerdings erwartet er, dass Social-Media-Plattformen wie Instagram oder TikTok in Zukunft Möglichkeiten schaffen könnten, um Unternehmen und Influencer*innen direkt miteinander zu verbinden. Diese Plattformen verfügen bereits über umfangreiche Daten von Unternehmen und Influencer*innen, was neue Formen der Partnerschaft ermöglichen würde. „Sie könnten eine vernünftige Schnittstelle schaffen, sodass Marken Influencer direkt über Plattformen wie TikTok oder Instagram buchen können. In diesem Fall würde die Provision, die sonst eine Agentur bekommt, an die sozialen Netzwerke fließen“, erklärt Pascal Hof.

Influencer-Agenturen haben das Influencer-Marketing grundlegend verändert und geprägt, indem sie Influencer*innen den Zugang zu Marken erleichtern und neue Einkommensquellen zustande bringen. Sie bieten nicht nur ein professionelles Management, sondern entlasten Influencer*innen auch von organisatorischen Aufgaben. Dennoch müssen diese Kompromisse bei der kreativen Freiheit und finanziellen Abzügen machen. Im Hinblick auf ihre wachsende Bedeutung in der Branche ist es möglich, dass Influencer-Agenturen auch künftig eine zentrale Rolle spielen werden.