„Wir verkaufen hier Freizeit und Vergnügen für die breite Masse“
Die Kunst des Vergnügens
Überall der Geruch nach Zuckerwatte, Bratwurst-Ständen und gebrannten Mandeln, dazu 2010er Chart Musik und das Kreischen aus den Fahrgeschäften. Das Stuttgarter Frühlingsfest ist eine Oase der Freude und des Vergnügens. Es bietet den Besucherinnen und Besuchern eine Flucht aus dem Alltag, die sie für eine Weile vergessen lässt, was draußen in der Welt vor sich geht. Doch hinter der scheinbar unbeschwerten Atmosphäre stecken harte Arbeit und das gesamte Lebenswerk von vielen Menschen. Schausteller wie Nico Metz und Aaron Renz sorgen dafür, dass alles reibungslos abläuft. Sie sind auf dem Wasen aufgewachsen und arbeiten hart, um jedem ihrer Gäste ein unvergessliches Erlebnis zu bieten. Ich habe die beiden getroffen, um zu erfahren, wie das Leben als Schausteller*in aussieht und was die Menschen hinter den Kulissen des Wasen so bewegt.
An einem regnerischen Freitagnachmittag, ist das Festgelände noch verwaist. Nur wenige Besucher sind unterwegs und die Fahrgeschäfte stehen still. Doch für Metz und Renz ist es ein Tag wie jeder andere. Sie arbeiten schon den ganzen Vormittag, um sicherzustellen, dass alles rechtzeitig fertig wird. Sie organisieren die Abläufe und stellen sicher, dass alle Mitarbeiter*innen an ihrem Platz sind. Metz betreibt die Grillmeisterei, einer der bekanntesten Imbissstände mit Biergarten auf dem Frühlingsfest. Seine Frau und er sind seit 2010 auf dem Wasen tätig, aber ihre Familien sind schon seit Generationen Schausteller*innen. „Der Wasen ist für uns mehr als nur Arbeit, wir leben hier eigentlich“, sagt Metz mit leuchtenden Augen. Er erzählt von seiner Kindheit auf dem Festgelände und wie er als junger Mann zusammen mit seiner Familie eine Schießbude betrieben hat. Für ihn ist das Frühlingsfest auch mehr als nur ein Job - es ist ein Teil seiner Identität.
Am ganz anderen Ende vom Wasen betreibt Aaron Renz das XXL Fun House, eine echte Kultattraktion des Frühlingsfests. Sein Geschäft ist über 20 Jahre alt und gehört zu den festen Größen auf dem Wasen. Auch er ist in einer Schaustellerfamilie aufgewachsen und hat von klein auf gelernt, wie man ein erfolgreiches Geschäft führt. "Das Frühlingsfest ist für mich wie nach Hause kommen", sagt Renz mit einem breiten Lächeln in der seiner engen Kabine. Das Zuhause von Aaron Renz zieht sich mit allen Strecken über fast fünf Kilometer Länge, schwierig also hier überhaupt die Übersicht zu behalten. Beliebter Treffpunkt ist deswegen für Besucher*innen die zentral gelegene Fruchtsäule.
Doch das Leben als Schausteller*in ist nicht immer einfach. Während des Fests müssen sie ständig aufmerksam sein und schnell reagieren können, um sicherzustellen, dass alles reibungslos verläuft. Das Leben auf dem Wasen erfordert so viel Durchhaltevermögen und Anpassungsfähigkeit.
Doch trotz all der Herausforderungen sind Metz und Renz immer noch voller Begeisterung für ihre Arbeit. Sie sind stolz darauf, Teil einer langen Tradition von Schausteller*innen zu sein und die unvergleichliche Atmosphäre und die Begeisterung der Besucher*innen sind alles für sie. "Es ist wie eine große Familie", sagt Metz, während er die Grillroste sauber macht. "Wir kennen uns alle und unterstützen uns gegenseitig.“ Die COVID-19-Pandemie hat das Leben der Schausteller*innen in den letzten Jahren erheblich beeinträchtigt. Zwei Jahre hintereinander war das Frühlingsfest abgesagt worden und es war unklar, wie es überhaupt weitergehen würde. Metz erinnert sich, dass die Ängste in dieser Zeit ständig präsent waren und es finanziell besonders schwierig aussah. Seine ganze Welt stand kurz vor dem Zusammenbruch, doch mit finanzieller Hilfe vom Bund konnte die gesamte Branche gerettet werden und das Frühlingsfest findet in diesem Jahr wieder ohne Auflagen statt. Eine Erleichterung für alle Beteiligten und ganz besonders die vielen Schausteller*innen.
Für Schausteller wie Nico Metz und Aaron Renz beginnt die Vorbereitung für das Stuttgarter Frühlingsfest Monate im Voraus. Die Abstimmungen mit den Organisatoren und Behörden beginnen bereits im November des Vorjahres, um sicherzustellen, dass alle Genehmigungen rechtzeitig vorliegen. Das Layout und den Standort ihrer Attraktionen müssen sie vorab mit den Veranstaltern besprechen, um sicherzustellen, dass sie auch dieses Jahr ihr Umsatzziel erreichen können. Die Vorbereitung der Geräte und Attraktionen erfordert für Renz monatelange Arbeit. Alles muss inspiziert, gewartet und repariert werden, um sicherzustellen, dass es den hohen Sicherheitsstandards entspricht. Doch trotz all der harten Arbeit ist der Kontakt zu ihrem Publikum für Metz und Renz von großer Bedeutung. Während des Frühlingsfestes arbeiten sie oft bis weit in die Nacht, um doppelt abzusichern, dass am nächsten Tag alles reibungslos verläuft. Dabei ist der Kontakt mit ihren Gästen ist für sie unverzichtbar. Sie lieben es, Gespräche zu führen und zu erfahren, was ihre Gäste auf dem Herzen haben. "Wenn ich ein Kind sehe, das lächelt und glücklich ist, dann weiß ich, dass ich meinen Job gut gemacht habe", sagt Renz. "Es ist das Größte, was ich als Schausteller hier erreichen kann.“ Rund 1.500 Menschen arbeiten auf dem Gelände in den unterschiedlichsten Funktionen. Das Frühlingsfest als Wirtschaftsmotor in Teilzeit. Besucher*innen werden es diesmal wieder weit über zwei Millionen sein. Metz erwartet sogar eine neue Rekordzahl, wenn sich das Wetter noch bessert.
„Wir sind stolz darauf, jedes Jahr Teil davon zu sein und unseren Beitrag zu leisten."
Für Metz und Renz ist das Frühlingsfest mehr als nur ein Job. Es ist eine Tradition, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Sie sind stolz darauf, Teil dieser Gemeinschaft zu sein und das Fest für die Besucher*innen unvergesslich zu machen. Aber es ist auch ein Lebensstil, der harte Arbeit, Engagement und Hingabe erfordert. "Das Frühlingsfest ist unser Leben", sagt Metz. "Wir sind stolz darauf, jedes Jahr Teil davon zu sein und unseren Beitrag zu leisten.“ Am ersten Maiwochenende haben über 300.000 Besucher*innen den Weg auf das Stuttgarter Frühlingsfest gefunden, einige davon werden auch bei Nico Metz eine „lange Rote“ genossen haben.
Metz und Renz sind sich einig: Sie lieben das Leben als Schausteller auf dem Frühlingsfest und wollen, dass alles so bleibt, wie es ist. Sie sind zufrieden mit ihrem Leben und genießen aktuell jeden Moment auf dem „Wasen“. Es ist für sie mehr als nur ein Job, es ist ihre Leidenschaft und ihr Lebenswerk. Die Atmosphäre auf dem „Wasen" ist einzigartig und sie wollen, dass diese Tradition sich auch auf die nächste Generation überträgt. "Es ist ein Teil unserer Identität", sagt Metz, während er den Aschenbecher sucht. "Wir werden immer unser Bestes geben, um den Besuchern ein unvergessliches Erlebnis zu bieten, damit die das auch jedes Jahr weitersagen.“ Es gehört einiges dazu, eine solche „Oase“ wie das Frühlingsfest zu schaffen. Zum Abschluss muss auch ich noch eine Portion gebrannte Mandeln in den Händen halten. Das Stuttgarter Frühlingsfest, für viele eine Heile Welt und eine jedes Jahr willkommene Abwechslung zum Chaos des Alltags.