Ein Rassehund mit Beipackzettel
Neugierig schauen die runden schwarzen Glubschaugen umher. Die Fledermausohren gespitzt watschelt der Vierbeiner auf krummen Beinen seinem Herrchen hinterher. Ursprünglich – so die Legende – nur gezüchtet, um seinen Besitzer besser aussehen zu lassen, zieht das Hündchen nun doch alle Blicke auf sich. Ob in live oder inszeniert auf Instagram, in eigenen Blogs oder Youtube-Kanälen – die Französische Bulldogge erobert Social Media genauso wie die echte Welt. Laut Statistik des „Verbands für das deutsche Hundewesen“ (VDH) hat sich die Anzahl der Französischen Bulldoggenwelpen seit 2002 mehr als verdoppelt – auf der Rangliste Deutschlands beliebtester Hunde des Magazins „ZooRoyal" sind sie auf Platz eins. Und das trotz zuchtbedingter Neigung zu vielen Krankheiten, schwerer Erziehbarkeit und Schwarzmarktpreisen von bis zu 20.000 Euro. Was ist also das Geheimnis dieser Hunde?
Vom Rattenfänger zum Königshund
Die kleinen Tiere haben einen wahrhaft europäischen Stammbaum – ursprünglich stammen sie von der englischen Bulldogge ab. In der Auswanderungswelle Ende des 18. Jahrhunderts wurden sie aus Nottingham nach Frankreich mitgebracht. Hier waren die kleinen Hunde anfangs vor allem bei Prostituierten, Kutschern und Metzgern als Rattenfänger beliebt. In Frankreich wurden sie mit verschiedenen Hunden gekreuzt, sodass ihr Wesen friedlicher, die Beine kürzer, die Ohren spitzer, und die Hunde den englischen Bulldoggen immer unähnlicher wurden. 1898 legte sich dann der englische König ein weißes Exemplar zu und machte dadurch die Oberschicht auf die neue Rasse aufmerksam. 1904 wurden sie schließlich wieder in England als eigene Rasse, unabhängig von der englischen Bulldogge, anerkannt – unter dem Namen „French Bulldog“. Wegen der spitzen Ohren wurden sie zunächst verspottet, bevor sie in ganz Europa zum Trendhund wurden.
Die Französische Bulldogge in Deutschland
In München gründete sich 1909 der „Internationale Klub für französische Bulldoggen e.V.“ (IKFB) und erst vor dreißig Jahren wurde die Französische Bulldogge durch die „Federation Cynologique Internationale“ als eigene Rasse anerkannt.
Die „Federation Cynologique Internationale“ (kurz: FCI) ist der größte internationale Dachverband für Rassen, Zucht, Pflege, Verhalten und Erziehung von Haushunden. Der 1911 in Paris gegründete Verein mit Sitz in Belgien erkennt momentan 344 verschiedene Rassen an, für die jeweils ein Rassestandard festgeschrieben wurde. Das sind die Anforderungen, die die Hunde erfüllen müssen, um sich der Rasse zugehörig nennen zu dürfen und offiziell zur Zucht zugelassen zu sein.
In jedem Land kooperiert der FCI mit einem Zuchtverband, der diese Standards umsetzt. In Deutschland ist das der Verband für das deutsche Hundewesen (VdH).
Diesem untergeordnet sind die jeweiligen Rassehundvereine – im Falle der Französischen Bulldogge ist das der IKFB in München.
Kurze Köpfe, kurzer Atem
Die Rassestandards sind im Falle der Französischen Bulldogge der Ursprung für viele zuchtbedingte Erkrankungen. Zum Beispiel soll die Nase der Bullys ein Sechstel der Länge des Kopfes betragen, was die Tiere zu brachyzephalen Hunden macht. Brachyzephalie bedeutet übersetzt Kurzköpfigkeit oder Rundköpfigkeit und ist Ursache für das „Brachyzephale Atemweg-Syndrom" (BAS). Durch die kurze Schnauze fällt es den Vierbeinern schwer zu atmen und ihre Temperatur über die Nase zu regulieren, wie das andere Hunde tun – bei heißen Temperaturen wird schnell tierärztliche Hilfe nötig. Zudem haben die Bullys oft ein schwaches Herz und auch der Rücken verursacht Probleme: Durch die gewünschte Wölbung in der Wirbelsäule treten vermehrt Bandscheibenvorfälle und Rückenbeschwerden auf.
Die Tierschutzorganisation Peta bezeichnet die Zucht der Französischen Bulldoggen bereits als Qualzucht. Laut deutschem Tierschutzgesetz ist Qualzucht die Zucht von Tieren, denen „erblich bedingt Körperteile oder Organe (...) fehlen oder untauglich umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten." Darunter fällt die Französische Bulldogge in Deutschland zwar noch nicht, aber Peta möchte dies durchsetzen. Dafür haben sie im August vergangenen Jahres exemplarisch 22 Züchter der betroffenen Rassen angezeigt.
Aber was sagen die Züchter selbst zu diesen Vorwürfen?
Die Zucht
Barbara Pallasky ist Zuchtleitung des IKFB und Mitglied im Ausschuss für Zucht und Tierschutz des VdH. Sie betont den Bewusstseinswandel, der momentan in der Gesellschaft stattfindet. Immer mehr Menschen werden auf die Probleme übertypisierter Rassen aufmerksam und beteiligen sich an der Qualzuchtdebatte. Dadurch hat sich auch das Augenmerk der Zuchtvereine geändert: Es wird mehr Wert auf gesunde Hunde gelegt als früher.
Das ist in Europa längst nicht überall der Fall. Die Franzosen, die die FCI-Rassestandards für die Französische Bulldogge festlegen, haben nicht so strenge Tierschutzregelungen wie beispielsweise Österreich. Europaweit gibt es zwar Regelungen zum Tierschutz und zum Vorbeugen von Qualzuchten, doch bei Nichteinhaltung drohen keinerlei Sanktionen. Vor allem private Züchter richten sich also primär nach dem Absatzmarkt – gezüchtet wird alles, was sich verkauft.
Hundeliebhaber können ihren Teil zur Trendentwicklung der Zucht beitragen, indem sie gesunde Hunde aus kontrollierter Zucht kaufen, gängige Schönheitsideale hinterfragen und nicht jeden Trend zu ernst nehmen.