„Vor allem fremde Menschen zu fotografieren fiel mir am Anfang schwer.“
Wenn kleine Momente große Bilder schaffen
Zwei Männer, inmitten der belebten Stuttgarter Innenstadt, abgekapselt vom Rest der Welt: Sie spielen eine Partie Schach, während die Zeit um sie herum stehenzubleiben scheint. Auf den ersten Blick mag diese Szene alltäglich erscheinen. Momente wie diese in eine emotionale und ausdrucksstarke Fotografie zu verwandeln, war die Herausforderung der Studierenden des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen Medien (WING) an der Hochschule der Medien.
Im Rahmen ihrer Fotografie-Vorlesung stellen sie am 30. Januar ihre Fotografien auf der MediaNight aus. Das Ziel des Projekts war dabei das Schießen von beeindruckenden und fesselnden Bildern, die technisches Geschick und emotionale Tiefe vereinen.
Journalist und Fotograf Martin Häußermann sowie Professor Arno Hitzges sind die Verantwortlichen für das Projekt. Unter ihrer Leitung lernten die Studierenden zunächst die theoretischen Grundlagen der Fotografie kennen. Gleichzeitig bot der Kurs jedoch eine Menge Praxis und legte einen großen Wert darauf, den technischen Umgang der Kamera selbstständig zu üben. Im Laufe des Semesters standen für die Teilnehmenden drei Abgaben auf dem Programm. Die erste Aufgabe bestand darin, den beruflichen und privaten Alltag einer Person fotografisch festzuhalten. In der zweiten Aufgabe widmeten sich die Teilnehmenden der Street Photography und hielten interessante und emotionale Momente in der Stuttgarter Innenstadt und auf dem Weihnachtsmarkt fest. Die dritte Aufgabe bot den Studierenden kreative Freiheit, ein eigenes Thema zu wählen. Jede Abgabe umfasste eine Serie von zehn Fotos.
Die Überwindung der eigenen Hemmschwelle
Besonders die Street Photography stellte viele Studierende vor große Herausforderungen. Dabei waren es laut Tim Häusermann, WING-Student aus dem siebten Semester, weniger die technischen Aspekte, die Schwierigkeiten bereiteten, sondern vielmehr die Überwindung der eigenen Hemmschwelle: „Vor allem fremde Menschen zu fotografieren fiel mir am Anfang schwer“, erzählt Tim. Hilfreich seien für die Teilnehmer*innen insbesondere die zwei Übungstermine in der Stadt gewesen, bei denen sie während dem Üben wertvolle Tipps und Feedback vom Dozenten erhalten haben.
Dabei hat Nisa Kizilagac, WING-Studentin aus dem sechsten Semester bemerkt, dass es beim Fotografieren nicht nur um technische Kenntnisse geht. Für sie sei es eine Mischung mehrerer Komponenten. Vor allem Geduld spiele eine große Rolle - in der Fotografie, aber auch in anderen Lebensbereichen: „Manchmal braucht es einfach Zeit, um die richtige Lösung zu finden, auch im Studium“, behauptet Nisa.
Schachmatt im Stadtgetümmel
Trotz der Herausforderungen habe Nisa die Street Photography am meisten Spaß gemacht. Hier werde ihrer Meinung nach das Leben in seiner ungefilterten und echten Form eingefangen. Ihr Foto zeigt zwei Männer, die sich in einer belebten Straße zu einer Partie Schach getroffen haben. Dabei nutzen sie einfache Kisten als Stühle und einen Tisch aus Holzplatten und Styropor, was die Authentizität des Moments hervorhebe. Das Bild symbolisiert für Nisa die Ruhe inmitten des Trubels: „Während die Menschen um sie herum ihren Tätigkeiten nachgehen, schaffen die beiden Schachspieler eine kleine Insel der Konzentration und Gelassenheit.“
„Oft laufen wir an Szenen vorbei, die auf den zweiten Blick so viel erzählen – von Menschen und deren Emotionen.“
Vor dem Fotografie-Kurs hat Nisa ausschließlich mit ihrem Handy Bilder gemacht. Abgesehen davon, dass sie nun weiß, wie man mit einer richtigen Kamera aussagekräftige Fotos schießen kann, sei Nisa Folgendes klar geworden: „Oft laufen wir an Szenen vorbei, die auf den zweiten Blick so viel erzählen – von Menschen und deren Emotionen.“ Ihrer Ansicht nach sollte sich jeder etwas mehr Zeit nehmen, um den Wert unscheinbar wirkender Momente zu erkennen.
Die WING-Fotograf*innen werden im Übrigen auch auf der Media Night aktiv sein und Bilder von den Gästen schießen.
Die Menschen auf den Fotografien wurden aus rechtlichen Gründen unkenntlich gemacht.