Schwarze Safespaces an Hochschulen: Urlaub vom (Alltags-)rassismus
In den USA gehören sie längst zur Normalität – Safespaces an Universitäten. Doch auch in Deutschland sind inklusive Schutzräume längst von Bedeutung. Sei es für Frauen, queere Menschen, oder Menschen mit Behinderungen, es gibt sie in vielen Variationen. Sie sind ein wichtiger Aspekt der Inklusion und sollten endlich zur anerkannten Normalität werden. Von nicht Betroffenen werden sie dennoch immer wieder als kontrovers dargestellt.
Oftmals wird darüber diskutiert, ob es so einen Ort wirklich braucht oder ob dies nicht einfach Isolation sei. Warum braucht es einen Rückzugsort speziell für Schwarze Studierende, in einer Hochschulumgebung, die doch ohnehin für Vielfalt und Inklusion stehen sollte? Dies werde ich häufig von meinen Kommiliton*innen gefragt. Wieder einmal fällt mir der Unterschied zwischen uns auf. Viele von ihnen haben noch nie das Bedürfnis verspürt, sich vor der überwiegend weißen Mehrheitsgesellschaft abzuschotten. Sie kennen nicht das Gefühl, in einem Raum zu sitzen und sich wie ein exotisches Element zu fühlen. Beäugt von neugierigen Blicken, gefragt wo man "eigentlich, also so richtig wirklich", herkommt und was denn mit den Haaren ist.
Die Gründung des Schwarzen Safespaces "melanin." an meiner eigenen Hochschule war ein Schritt, der sehr viel Mut gekostet hat. Es war ein Akt der Selbstermächtigung. Ein Signal an die Gemeinschaft, dass wir unsere Stimmen, die manchmal in der breiten Menge untergehen, erheben und unsere Präsenz sichtbar machen. Auch an anderen Bildungsinstitutionen, wie beispielsweise in Tübingen (Black Visions and Voices) und Ludwigsburg (Andira), gibt es studentische Initiativen, die sich für marginalisierte Gruppen einsetzen. Mit unseren Initiativen hoffen wir, andere zu inspirieren sich miteinander zu verbünden.
Die Notwendigkeit eines solchen Schutzraumes mag für manche schwer nachvollziehbar sein, zeigt sich aber eindeutig in der Lebensrealität vieler Student*innen. Der Weg durch den Bildungsdschungel ist oft von Hürden geprägt, die aus nicht-akademischen Herausforderungen bestehen. Rassismus, Diskriminierung und das ständige Gefühl der Andersartigkeit sind stetige Begleiter. An der bisher umfangreichsten Studierendenbefragung in Deutschland aus dem Jahr 2022 nahmen etwa 180.000 Teilnehmer*innen von 250 Hochschulen teil. Ein beträchtlicher Teil der Studierenden, besonders Frauen sowie Studierende mit Migrationshintergrund und nicht-heterosexuelle Studierende, sind einem erhöhten Risiko für Diskriminierung ausgesetzt. Die Ergebnisse zeigen, dass ungefähr ein Viertel der Befragten Diskriminierung an deutschen Hochschulen erfahren hat. 46 Prozent berichteten, dass sie beobachteten, wie andere herabgesetzt wurden.
Es ist wichtig zu verstehen, dass Schwarze Safespaces nicht aus einer Abneigung gegenüber anderen entsteht, sondern vielmehr aus einem Bedürfnis nach Gemeinschaft und Verständnis. Ein Ort, der uns erlaubt, aufzuatmen, unsere Masken abzulegen und unsere Geschichten zu erzählen, ohne zusätzliche Erklärungen liefern zu müssen. Hier können wir ohne Zurückhaltung über unsere Sorgen und Triumphe sprechen – frei von der Last der Rechtfertigung, Missverständnissen, triggernden Formulierungen und Relativierungen. Ein bisschen wie Urlaub machen vom (Alltags-)rassismus, wie es die Journalistin Ciani-Sophia Hoeder nannte.
Ich bin überzeugt, dass Safespaces an Hochschulen eine inklusivere Bildungsumgebung bewirken, in der Studierende ungeachtet ihrer Herkunft, Identität und Orientierung akzeptiert und gefördert werden. Diese geschützten Räume fördern nicht nur den individuellen Wachstum, sondern können auch maßgeblich zu einer positiven, vielfältigen und solidarischen Hochschulgemeinschaft beitragen.
Safespaces sind also kein Zeichen der Trennung, sondern eher ein Zeichen des Engagements für eine inklusivere Gesellschaft, von der alle profitieren können. Sie sind ein Schritt in Richtung einer Zukunft, in der Vielfalt nicht nur toleriert, sondern aktiv gefördert wird.